FSV-Coach Roger Fritzsch zieht Verbandsliga-Zwischenfazit (Teil 2)
Alexander Hebenstreit, 17.12.2020
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Die großartige Unterstützung durch unsere Fans trotz häufig limitierter Zuschauerzahlen ist nicht nur Roger Fritzsch in bester Erinnerung geblieben. Auch an einen überragender Lukas Lange, der im ersten Thüringenliga-Spiel in der Schleizer Vereinsgeschichte als Herr der Lüfte zum Mann des Spiels avancierte, denkt der FSV-Coach gerne zurück. Das und noch mehr verriet er in Teil 1 des ausführlichen Interviews zum Jahresabschluss.
Im Zweiten Teil spricht der Plauener in Schleizer Diensten über den Wert des Alters im Fußball, die Aussicht, dass der Ball wieder rollt, und potenzielle Verstärkungen im Kader.
Wenn du dich festlegen müsstest: Wer war dein Spieler der – letztlich nur halben – Hinrunde?
Ganz klar unsere beiden jüngsten Stammspieler Amel Nukovic und Hannes Kühnel. Beide spielen seit dem ersten Spieltag auf eher ungewohnten Positionen, konnten bisher vollends überzeugen und riefen fast in jeder Partie gute bis sehr gute Leistungen ab. Dass beide im Ligaspiel gegen Wismut wie die komplette Mannschaft einen rabenschwarzen Tag erwischten, gehört zu ihrem Entwicklungsprozess dazu. Dennoch können der Verein und vor allem ihre einstigen Juniorentrainer extrem stolz auf sie sein.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber unbedingt auch Janek Weiß nennen. Janek war letzte Saison noch unangefochtener Stammspieler. Er ist für beide ein direkter Konkurrent und durch seine dauerhaft starken Trainingsleistungen konnten sich Hannes und Amel keine Nachlässigkeiten im Trainingsprozess und im Kampf um die Startplätze leisten. Auch wenn es für Janek zuletzt unbefriedigend war, hat er einem großen Anteil an den guten Leistungen dieser beiden.
Und was ist mit Frank Gerisch? 13 Tore und sieben Vorlagen bedeuten 20 direkte Torbeteiligungen bei 27 Schleizer Ligatreffern – und das mit 34 Jahren.
Das Alter spielt nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist ja nicht alt oder jung, entscheidend ist gut oder schlecht. Frank gehört zweifelsohne zu gut und wenn er nicht 90 Minuten lang jede Spielsituation kommentieren würde, wäre er noch viel besser. Daher denke ich, dass er erst im Alter von 38, 39 Jahren seine wahre Leistungsgrenze erreichen wird. Denn dann wird ihm voraussichtlich die Luft zum kommentieren fehlen und wenn er sich allein auf sein Spiel konzentriert, wird er definitiv noch erfolgreicher sein (lacht).
Einfach nur Chapeau vor seiner bisherigen Leistung! Wenn man bedenkt, dass er in fünf Spielen nicht in der Box gespielt hat, dann sind seine Leistungen und seine Trefferquote um so höher zu bewerten. Er ist definitiv auch in dieser Liga der kompletteste Mittelstürmer. Aber er hat mit Albert Pohl, Markus Porst oder Lukas Nietsch auch ideale Partner an seiner Seite, die wichtig für sein Spiel sind.
Jetzt ruht der Ball und selbst trainieren darf die Mannschaft nicht. Im Idealfall soll es am 23. Januar mit den Punktspielen weiter gehen. In deinen Augen eine realistische Aussicht?
Ich hoffe und wünsche es mir sehr, aber realistisch erscheint es mir zum jetzigen Zeitpunkt leider nicht.
Könnte das in der Praxis überhaupt funktionieren? In der Vergangenheit hast du bereits mehrfach festgehalten, dass die Trainingsbedingungen mit dem Hartplatz nicht landesklasse-tauglich sind. Was soll das erst eine sportliche Etage höher werden?
Wie bereits eingangs erwähnt ist die Vereinsphilosophie des FSV mehr als löblich und steht auch für große Nachhaltigkeit. Daran sollte auch nichts verändert werden. Aber wenn man die Wichtigkeit eines Trainings unterschätzt, wird die sportliche Nachhaltigkeit auf diesem Niveau auf Dauer nicht zu erhalten sein. Hier muss dringend eine kurzfristige Lösung gefunden werden, um der Mannschaft wenigstens einmal in der Woche die Möglichkeit eines vernünftigen Trainings zu gewähren.
Ist es die wichtigste Hausaufgabe der Vereinsführung, das bis zur Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs zu organisieren?
Ich sehe es als meine Pflicht als Trainer, auf gewisse Wichtigkeiten hinzuweisen, die die sportlichen Belange betreffen. Allerdings möchte ich nicht den Eindruck hinterlassen, dass ich dies jetzt einfordere. Das, was hier im Ehrenamt von Vereins- und Vorstandsseite geleistet wird, ist und bleibt für mich beeindruckend. In Sachsen wäre das in dem Umfang, wie es beim FSV betrieben wird, undenkbar.
Ich weiß, dass Schleiz für den Rennsport steht, aber die Stadt kann auch auf die Leistungen, die von den Mitgliedern des FSV an der Sportanlage am Fasanengarten erbracht werden, sehr stolz sein. Vielleicht besteht genau aus diesem Grund in naher Zukunft die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit und man findet gemeinsam Mittel und Wege die Trainingsmöglichkeiten für den FSV etwas zu verbessern. Damit meine ich übrigens nicht den Bau eines Kunstrasens, sondern vielmehr eine Sanierung des Hartplatzes oder die Nutzung eines externen Sportplatzes.
In diesem Winter dürfte das vermutlich nicht mehr klappen. Wäre dir insofern eine etwas längere vielleicht Pause sogar lieber, um im Frühjahr wieder bessere Trainings- und Spielbedingungen in Schleiz vorzufinden?
Nein, ich würde gern so schnell wie nur möglich wieder mit der Trainingsarbeit beginnen.
Wie es letztlich wirklich wird, weiß zum jetzigen Zeitpunkt sowieso niemand. Hast du denn eine Wunschvorstellung in Sachen Saisonfortsetzung?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es kaum vorstellbar das diese Saison komplett zu Ende gespielt wird. Ich persönlich wäre dennoch dafür. Aber es wird wohl auf das Modell mit den Playoffs hinaus laufen.
Dann mit dem gleichen Kader wie in der Hinrunde?
Nein, der Kader wird sich verändern. Rückkehrer Nicky Eichelkraut wird spielberechtigt sein und endlich am Konkurrenzkampf teilnehmen können. Mit Christian Göller, der leider die komplette Hinrunde verletzungsbedingt ausfiel, stößt ein absoluter Leistungsträger der Vorsaison wieder zur Mannschaft. Von Janek Weiß und Lukas Nietsch erwarte ich den sofortigen Angriff auf die Startelf. Leif Broßmann und Lukas Beyer werden den nächsten Entwicklungsschritt gehen.
Des Weiteren befinde ich mich mit zwei Spielern mit FSV-Vergangenheit in Gesprächen, die unbedingt wieder für uns aktiv sein wollen. Zumindest bei einem von beiden gehe ich davon aus, dass er ab der Rückrunde für uns auflaufen werden kann. Somit wird enorme Bewegung in unserem Kader stattfinden,was die Qualität nochmal anheben wird.
Hat deine Elf das Zeug auch am Saisonende – nach wie vielen Spielen das auch immer sein mag – noch auf Rang drei zu stehen?
Ob nun Tabellenplatz drei, vier oder zehn ist für mich völlig sekundär. Wir wollen uns vorrangig weiterentwickeln und verbessern. Wir müssen eine gewisse Nachhaltigkeit erreichen.
Woran fehlt es gegenüber der absoluten Spitze?
Um diese Frage realistisch zu beantworten, fehlen uns die Vergleiche mit allen Teams der Liga. In den beiden Spielen gegen Wismut haben wir deutlich gesehen, was gehen kann, wenn wir bei uns bleiben und das abrufen, was uns stark macht. Wir haben aber auch deutlich aufgezeigt bekommen, was passieren kann, wenn wir von unserem Weg abkommen und nicht am Limit agieren.
Auf welchen Positionen besitzt der FSV Schleiz bereits ansprechendes Verbandsliganiveau und wo wären am ehesten Verstärkungen nötig?
Mit Alexander Hebenstreit, Mirko Horn, Thomas Liebold und Frank Gerisch lieferte unsere zentrale Achse bisher konstant gute Leistungen ab. Aber auch andere Spieler konnten bereits auf ihrer jeweiligen Position ein ansprechendes Niveau nachweisen. Sicherlich gab es auch Spieler in unseren Reihen, die bisher unter ihren Möglichkeiten blieben. Aber auch in diesem Zusammenhang sind die bisherigen neun Spiele einfach noch zu wenig, um ein aussagekräftiges Fazit ziehen zu können. Fakt ist dennoch: Wir haben einen Kader, in dem jeder Mannschaftsteil Verbandsligatauglichkeit besitzt.
Obwohl der unverhoffte Aufstieg in die Landesliga erst sehr spät feststand, war im Sommer zumindest hinsichtlich der Zeitspanne eine lange Vorbereitung möglich. Nun werden es nach mehrmonatiger Pause voraussichtlich nur zwei Wochen vom ersten Training bis zum Punktspielstart sein. Wie schätzt du das ein?
Die Vorlaufzeit ist natürlich grundsätzlich viel zu kurz. Aber auf Grund der bekannten Problematik müssen wir uns damit arrangieren. Ich sehe es aber unumgänglich, dass der Verband zumindest für die ersten Begegnungen eine Sonderreglung für das Wechselkontingent ausgibt. Falls das nicht der Fall sein wird, sind Verletzungen im muskulärem Bereich vorprogrammiert.
Vereinzelt wird mit Blick auf das weitgehende Sportverbot davor gewarnt, dass die Menschen die Lust daran verlieren, sich anderen Dingen zuwenden und den Vereinen den Rücken zukehren. Siehst du diese Gefahr auch für den FSV Schleiz?
Ich denke in eine ganz andere Richtung. Ich gehe davon aus, dass es in allen Sportarten einen großen Zulauf geben wird. Viele werden durch die unendlich lange Verbotszeit die Wichtigkeit des Vereinssport erstmals so richtig zu schätzen wissen.
Zu Teil 1 des Interviews mit Roger Fritzsch